Text: Heinz Birkenheuer
I. Fundamente

Fundamentgründe der Gebäude

Die wichtigsten Voraussetzungen für die Rekonstruktionen waren die gefundenen Fundamentgräben und Gründungen. Als weiterer Faktor musste die örtliche Bodenbelastbarkeit berücksichtigt werden. Über die Größe und Ausführung der Fundamentgründe lassen sich nun Rückschlüsse ziehen auf die Höhe der aufgesetzten Wände und den zu tragenden Dachlasten.
In der römischen Militärarchitektur gab es drei verschiedene Ausführungen der Fundamentgründe. Für die Kasernenbauten waren es lose, im Boden verlegte Steinreihen * 26). Beim Mauerwerk wurde als Gründung vielfach, Rollkiesel in Verbindung mit einem Tongemisch verwendet. Für schweres Mauerwerk fand man vielfach eine gegossene Steinmasse mit einem Bindemittel aus Sand und gebranntem Kalk. Für die großen und schweren Holzkonstruktionen - z. B. bei den Ecken der Centurien-Kommandanturen und bei den Pfosten der Kolonnaden -, wurden als Unterlage einzelne Pfostensteine gelegt * 27).


Im Neusser Legionslager wurden zwei großflächige Fundamentgründungen gefunden, die immer wieder zu unterschiedlichen Interprätationen führten. Neben der Porta Principalis dextra ragte eine 5 Meter breite Gründung bis zu 4,5 Meter aus der Mauerflucht. Zur besseren Einsicht auf die ungeschützte Toraußenseite wurde ein aus der Mauerflucht ragender Wehr-und Treppenturm errichtet. Innerhalb der Principia, an der Vorderseite der Querbasilika wurde über die gesamte Länge von 72 Metern ein 3 Meter breites Fundament gefunden. Diese Ausnahmen lassen die verschieden Deutungen zu.

Pfostensteine aus dem Neusser Legionslager
Zeichnung: Heinz Birkenheuer
Pfostenstein mit zwei Balkeneinschnitten
von einer Centurienkaserne
Zeichnung: Costantin Koenen
Die Fundamente der Lagerumwehrung
Bei den Nachgrabungen 1983/84 durch das Rheinische Amt für Bodendenkmalspflege - Bonn wurde im Bereich der Umwehrung eine eindeutige Trennung zweier Lagermauern festgestellt.
Aus einer ersten Steinbauphase wurde eine 1,8 Meter breite Mauergründung aus Rollkiesel mit eingestampftem Ton gefunden. Für eine Mauer jüngeren Datums fand man eine um 1,2 Meter nach innen versetzte, 1,4 Meter breite Fundamentreihe, die aus zerschlagenen Tuffsteinen, Ziegelbrocken und Rollkiesel bestand * 28).
Die unterschiedlichen Fundamente der beiden Steinmauern
Grafik: Heinz Birkenheuer
Die Fundamente der Toranlagen und Mauertürme
In diesem Bereich gibt es wegen der vier Bauphasen viele Überschneidungen. Die Lage der Mauertürme wurde weitgehend beibehalten. Die ursprünglichen Wehrtürme der Holzbauphasen wurden lediglich an den Frontseiten mit Kalksteinen verkleidet. Die nachgerüsteten Fundamente umfassten die hölzernen Turmpfosten. Nach dem Versetzen der jüngsten Lagermauer ragten die Türme um 1,2 Meter aus der Mauerflucht. Die in den Lagergräben gefundenen Steinreste sind keine Fundamente, sondern die Reste von eingestürzten Wehrtürmen.
Die Fundamente eines Wehrturmes in der Lagermauer des Neusser Legionslagers
Aufzeichnung: Michael Gechter - Rheinisches Amt für Bodendenkmalspflege, Bonn
Bei der Porta Praetoria und der Porta Decumana sind die Reste von zwei Steinbauphasen erkennbar, während bei der Porta Principalis sinistra bzw. dextra nur die Reste einer Steinbauphase gefunden wurden. Die beiden Toranlagen zu beiden Seiten der Via Principalis wurden in unterschiedlicher Bauweise unter Kaiser Claudius und Kaiser Vespasian gebaut. Die Toranlagen an der Via Praetoria und Via Decumana deuten auf einen halbrunden Vorhof, einen sogenannten Zangenhof hin. Diese Bauweise wurde erst Mitte des ersten Jahrhunderts angewandt. Bei der Porta Praetoria sind die Fundamente weitgehend gesichert, während bei der Porta Decumana nur eine halbrunde Überschneidung der Fundamente auf eine gleiche Bauweise hindeutet.

Porta Praetoria
aus der Zeit Kaiser Vespasian
Zeichnung: Constantin Koenen

Porta Decumana
aus der Zeit Kaiser Claudius
Zeichnungen: Costantin Koenen

26* ) Constantin Koenen -Bonner Jahrbuch 112 / S. 227
27* ) Hans Lehner - Architekturteile - Bonner Jahrbuch 112 / S. 352
Constantin Koenen - Bonner Jahrbuch 112 / S. 228
28*) Michael Gechter - Ausgrabungen im Bereich des Neusser Legionslagers in den Jahren 1983/84