Text: Heinz Birkenheuer

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3. 2 PRAETORIUM, der Palast des Legatus Legionis

Die 83 mal 92 Meter große Anlage hinter der PRINCIPIA ist als Legatenpalast anzusehen: eine Repräsentationsanlage im Stil einer weitläufigen römischen Villa als Sitz eines vom Kaiser ernannten Senators, ein Repräsentant Roms und oberster Befehlshaber der Legion.

Ergänzter Grundriss des PRAETORIUM im Neusser Legionslager

Grafik von Heinz Birkenheuer

Der nördliche Teil der Anlage an der VIA SECUNDA mit dem eingezogenen Frontbereich und den flankierenden Raumfluchten ist wohl der Administrative zuzuordnen. Im mittleren Bereich der Frontseite gibt es Anzeichen eines Haupteingangs mit einem VESTIBULUM und einem anschließenden PORTICUS, der auf einen freien Platz im Zentrum der Anlage führte. Hier könnte das ATRIUM mit den angrenzenden Gästeräumen gewesen sein. An der östlichen Frontseite sind Anzeichen eines zweiten Zugangs mit einer weiterführenden Kolonnade, die am Ende auf einen großen Raumkomplex führt. Die Lage und Größe lässt vermuten, dass hier der OECUS, der große Versammlungsraum, war.
In der Verlängerung der Mittelachse, im Anschluss an das ATRIUM, muss das TABLINUM mit dem seitlichen PARODOR und ANDRON gelegen haben. Ab hier war in jeder römischen Hausanlage die Trennung zwischen dem offiziellen und privaten Bereich. Eine von Ost nach West verlaufende Mauer mit einem südlich ausgerichtetem PORTICUS sind ein Hinweis für eine Abgrenzung zum privaten Bereich des Legaten.
Die Rekonstruktionen hinter dem TABLINUM erwiesen sich als sehr problematisch, da nach der Aufgabe des Legionslagers, durch die Überbauung einer Lagerumwehrung des nachträglich erstellten röm. Reiterkastells, an dieser Stelle die ursprünglichen Fundamente unwiderruflich zerstört wurden. In diesem Bereich muß das PERISTYL mit PORTICUS und Wasserbecken gelegen haben.
Im abschließenden unteren Teil der Anlage sind die Fundamentreste reich gegliederter Räumlichkeiten erhalten. Die Aufteilung hat nicht den Charakter des Offiziellen sondern deutet auf eine private Wohnstatt des ranghöchsten Offiziers des Legionslagers hin. An der Rückseite der Anlage, an der VIA QUINTANA sind die Anzeichen eines POSTICUM bzw. eines Lieferanteneingangs mit Pförtnerhaus erkennbar.

Rekonstruktion des PRAETORIUM im Neusser Legionslager

Modell und Foto von Heinz Birkenheuer


Im westlichen Teil der Anlage sind Fundamente von Tabernen mit einer Wachstube gefunden worden. Es könnte sein, dass hier die Kurierreiter des Legionsstabes mit ihren Knechten und Pferden stationiert waren.

Die Richtigkeit der Ergänzungen kann nicht mit Sicherheit zugesagt werden. Es wurden Vergleiche mit ähnlichen Anlagen angestellt. Die fehlenden Fundamentrisse wurden darauf hin vervollständigt, um eine mögliche Erklärung zu geben, wie die Gesamtanlage ausgesehen haben könnte.