Text: Heinz Birkenheuer

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6. Werkstattbereiche

Die Werkstattgebäude

Der Bedarf an Ausrüstungsgegenständen, Waffen und Werkzeugen wurde innerhalb der Lagerumwehrung von Legionshandwerkern in 4 unterschiedlichen Werkstätten hergestellt. Im rückseitigen Lagerbereich in der Nähe der PORTA DECUMANA gab es eine 3.200 qm große Werkstatt. Direkt im Anschluss lag ein weiterer 2.800 qm großer Werkstattbereich mit einem großen offenen Hof. In diesem Arenal werden Schmieden und Gießereien vermutet. Der dritte Werkstattkomplex könnte der Bauhof des PRAEFECTUS CASTORIUM gewesen sein. Das vierte Gebäude mit einem hackenförmigen Grundriss lag auf dem INTERVALLUM, im direkten Einzugsbereich der PORTA PRAETORIA.

6. 1 und 6. 2 Die beiden Werkstätten in der RETENTURA

Das Gebäude Nr. 143 als Hoftyp errichtet, wurde wahrscheinlich als Werkstatt und als Magazin für Rohstoffe und Fertigprodukte genutzt. Vieles deutet darauf hin, dass in den beiden 71 Meter langen Raumfluchten die großen hölzernen Sperrwerke der Dachkonstruktionen des Legionslagers vorgefertigt wurden. Die beiden doppelstöckigen Gebäude im Eingangsbereich sind typische Magazine und die hinteren Durchgänge zu den feuerbearbeitenden Betrieben war zweckmäßig für die Zulieferung der Eisenteile, die für den Zusammenbau der großen Sperrwerke bebraucht wurden.

Grundriss der Werkstatt Nr. 143.

Gezeichnet von Constantin Koenen

Rekonstruktion der Werkstatt Nr. 143.

Modell und Foto: Heinz Birkenheuer

Der unregelmäßige Grundriss im Bereich Nr. 123 deutet auf viele abgeschirmte Räume, die nur zum Teil mit einem Dach versehen waren. Dies ist eine typische Bauweise für metallverarbeitende Betriebe. Wichtig für die Bestimmung der Anlage war, dass auf dem freien Platz und im gesamtenen Bereich der Gebäude, insbesondere im westlichen Bereich, viele Brandreste durchsetzten Eisenschlacken gefunden wurden. Man kann davon ausgehen, dass in dieser Anlage Eisenschmelzen und Schmiedebetriebe waren. Das gegenüber liegende VETERINARIUM - das Pferdelazarett - und die Tabernae des Fuhrparks sind ein weiterer Hinweis, dass an dieser Stelle ein Schmiedebetrieb gewesen sein könnte. Der offene Hof wurde wahrscheinlich an der östlichen Seite, mit einem kontrollierbaren Eingang und einer Abschlußmauer begrenzt.

Grundriss der Gewerbefläche Nr. 123

Gezeichnet von Constatin Koenen




Modell des Werkstattbereich Nr.123

Modell und Foto: heinz Birkenheuer


6. 3 Der Bauhof des Praefectus Castorium
Im Zentrum des Lagers lag auf einer 3.500 qm großen Fläche neben dem PRAETORIUM der Bauhof des Legionslagers. Der Bauhof bestand aus div. Werkräumen, die um einen 1.200 qm großen Innenhof gruppierten. Das beides, das Wohnquartier des Praektus Castorium und die Werkstätten auf einem umschlossenen Bereich vereint waren, ist daran erkennbar, dass am westlichen Eingang die Reste luxuriöse Räumlichkeiten gefunden wurden, während der übrige Bereich nur einfache Baulichkeiten erkennen lässt.

Rekonstruktion des Bauhofs Nr. 109.

Modell und Foto: Heinz Birkenheuer

Grundriss des Bauhofs Nr. 109

Gezeichnet von Constatin Koenen

6. 4 Werkstattgebäude mit Rampe

Das Gebäude neben der PORTA PRAETORIA im INTERVALLUM lässt viele Deutungen zu. Man hat im Neusser Legionslager bisher nichts gefunden, was eine eindeutige Zuordnung möglich macht. Der hakenförmige Grundriss ist typisch für ein Fabrikgebäude. Diese Art von Grundriss hat man auch in anderen Legionslagern öfter festgestellt, bei denen aber entsprechende Fundstücke eine Zuordnung als Werkstatt möglich machten.
Nur eins ist sicher: es ist eines der zuletzt errichteten Großgebäude im Neusser Legionslager. Die Errichtung fällt in den gleichen Zeitraum, in dem schwere Wurfgeschosse als Fernwaffe immer gebräuchlicher wurden.*17 ) Die Mauertürme erhielten Dächer, der neue Wehrgang war höher belastbar, und die Toranlagen wurden mit ansteigenden Rampen nachgerüstet.

Rekonstruktion des Gebäudes Nr. 3 im Intervallum des Neusser Legionslagers

Modell und Foto von Heinz Birkenheuer
Der 8 Meter breite gewinkelte Komplex stand auf einer Fläche von 54 mal 16 Meter. Die Vielzahl der Stützmauerfundamente deuten auf ein doppelstöckiges Gebäude, das im oberen Stockwerk belastbar war. Alles weist darauf hin, dass dieses Gebäude vielseitig genutzt wurde. Die Aufteilungen im Haupttrakt und die seitlichen Stützmauern deuten auf steinerne Bogenstützen für die obere Plattform. Hier konnten schwere hölzerne Wurfmaschinen rangiert und zum Einsatz gebracht werden.
Zwei Fundamentreste an der Innenseite der Lagermauer deuten auf eine mögliche Brückenverbindung zum Wehrgang.*18) Im Untergeschoss konnten schwere Geräte gelagert und instandgesetzt werden. Für den Transport der Wurfmaschinen auf die obere Plattform bzw. auf den Wehrgang könnte es eine hölzerne aufsteigende Rampe in dem eingezogenen Vorderbereich gegeben haben.


Werkstattgebäude Nr. 3 von der Seite der Lagermauer

Modell und Foto: Heinz Birkenheuer
Grundriss des Gebäude Nr. 3 im Intervallum
Gezeichnet von Constantin Koenen

17* ) Heinrich Nissen - Bonner Jahrbuch 112 - S

18* ) Constantin Koenen - Grabungsplan, Tafel VI - Gebäude 3